Review: Legends of Wrestling (PS2)


by Fabsi


Fast zwei Jahre sind seit Acclaims letztem Wrestling-Game vergangen. Nach dem Konkurs von Extreme Championship Wrestling war es lange unklar, ob und vor allem wie es weitergehen sollte. Schließlich fehlte so ein starker Partner, um ein neues Game vermarkten zu können. Doch nun melden sie sich mit Legends of Wrestling eindrucksvoll zurück.

Nachdem zumindest die letzten beiden Games, ECW Hardcore Revolution und ECW Anarchy Rulz, nur recht billig produzierte Aufgüsse ihrer Vorgänger waren und kaum Neuerungen boten, überrascht das erste Game für die PlayStation 2 mit jeder Menge innovativer Ideen und einer völlig neuen Engine. Frei nach dem Motto "neue Konsole, neues Game" wurde Legends of Wrestling von Grund auf neu programmiert und erinnert nur in der Grafik noch etwas an seine Vorgänger.
Statt der Lizenz einer Wrestling.Liga erinnert sich Acclaim an die Legenden des Sports, und widmet ihnen ein eigenes Game - eigentlich eine innovative Idee könnte man jetzt denken. Allerdings auch nur, wenn man das leider nur in Japan veröffentlichte Dreamcast Game "All-Japan Pro Wrestling: Giant Gram 2000" nicht kennt. Denn dort wurden schon vor zwei Jahren ein Dutzend Legenden als zusätzliche Wrestler geboten.
Auch über die Auswahl der gebotenen 42 "Legenden" läßt sich sicherlich streiten. Schließlich dürfte jeder von uns ganz eigene Vorstellungen haben, welche Wrestler zu den Legenden eines solchen Games zählen sollten. Zwar lassen Namen wie Hulk Hogan, Bret "Hitman" Hart, Terry Funk oder "Superfly" Jimmy Snuka wohl noch immer die Herzen vieler Wrestling-Fans höher schlagen, doch jeder von uns kann sicherlich noch etliche Wrestler nennen, die ebenfalls dabei sein sollten. Mir würden z.B. spontan Ric Flair, Vader, Andre The Giant, Shawn Michaels oder auch die viel zu früh verstorbenen Owen Hart und Yokozuna einfallen. Auch scheint man völlig ignoriert zu haben, daß es auch außerhalb der USA viele Wrestling-Legenden gibt, man denke nur an Japan oder Mexiko. Andererseits kann man sich bei einigen Wrestlern, die dabei sind, streiten, ob sie überhaupt (schon) Legenden sind, wie z.B. Rob Van Dam oder Sabu. Hier wird auch schon das große Problem dieses Konzeptes deutlich. Mit jedem einzelnen Wrestler muß ein Vertrag ausgehandelt werden, wenn der Wrestler gerade bei einer Liga unter Vertrag steht, besteht sowieso keine Chance, ihn ins Game zu nehmen. So werden wir z.B. im bereits in Arbeit befindlichen zweiten Legends of Wrestling-Game auf Rob Van Dam, Hulk Hogan und Jerry "The King" Lawler verzichten müssen, die inzwischen alle bei der WWF unter Vertrag stehen. Worauf wir auch zum Teil verzichten müssen, sind die bekannten Gimmicks einiger Wrestler (z.B. den "Million Dollar Man" von Ted DiBiase) und Entrance Themes, wenn die Urheberrechte dafür nicht beim jeweiligen Wrestler, sondern einer Liga liegen.

Grafik: Die im Comic-Stil gehaltene Grafik ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Allerdings paßt sie ausgezeichnet zum Wrestling der 80er und frühen 90er. Ob diese Grafik aber auch ältere Spieler anspricht, die sich noch eher mit den Wrestler der damaligen Zeit identifizieren können, ist allerdings fraglich. Das Publikum ist ausgezeichnet animiert, anscheinend wird wirklich endlich die Zeit des 3D-Publikums eingeläutet.

Sound: Nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Die Musik ist aus Lizenzgründen von Acclaim erstellt worden und bietet nichts wirklich gutes. Die Sprachausgabe beschränkt sich auf die Vorstellung der Wrestler durch den Ringsprecher, wobei es hier eine sehr große Auswahl an Vor-, Nach- und Spitznamen gibt. So kann der Ringsprecher die meisten bekannten Namen im US Wrestling aussprechen, wenn man diese erstellt hat.

Create-A-Legend: "Die erste Create-A-Legend-Funktion erlaubt die präziseste Anpassung der Wrestlers in der Geschichte der Wrestling-Spiele!" ... oder auch nicht. Was hier auf der Hülle als tolles Feature verkauft wird, ist nichts anderes als der inzwischen allseits bekannte (Create-A-Wrestler) Mode, um sich eigene Wrestler zu erstellen. Und dieses in einer ziemlich enttäuschenden Weise. Abgesehen von den relativ wenigen Kleidungsstücken mit jeweils ein paar vorgegebenen Farbvarianten und Wrestling-Moves müssen wir uns auch damit abfinden, daß jeder erstellte Wrestler das gleiche Gesicht hat, für das es keine alternative gibt!
Hier gab es bei den Vorgängern deutlich mehr Auswahl. Positiv sollte aber noch angemerkt werden, daß sich die Menüführung stark verbessert hat und man bei der Auswahl der einzelnen Moves nun auch eine Vorschau sehen kann.

Gameplay: Fans von WWF No Mercy fühlen sich bei der Geschwindigkeit sofort wie zu hause. Kein Vergleich mit der Hektik, die z.B. bei den WWF SmackDown! Games verbreitet wird. Hier wird voll auf Simulation gesetzt, eine schnelle Arcade-Klopperei würde auch kaum zum Konzept der Legenden passen.
An die Steuerung muß man sich allerdings erst gewöhnen. Die Zeiten der umständlichen Tastenkombinationen wie bei Acclaims vorherigen Wrestling-Games sind vorbei. Man muß schon mit ein bis zwei Stunden rechnen, bevor man langsam ein Gefühl für die Steuerung bekommt. Dann kann es aber richtig losgehen. Es gibt unglaublich viele Feinheiten, die man teilweise erst nach Wochen entdeckt. Hier hat Acclaim ganze Arbeit geleistet, und etliche Standartmoves untergebracht, die auch in der Steuerung nirgends erwähnt werden. Hier kann ich nur empfehlen, ein One-on-One Match gegen einen Mitspieler zu starten, und mal ein bißchen mit den R2 und L2 Tasten zu arbeiten. Schiebt man den Gegner z.B. zu den Seilen und drückt R2, wird er in die Seile gehängt. Drückt man nun X, schickt man ihn per Clothesline über des dritte Seil nach draussen. Probiert man desselbe nochmal aus dem Rennen, fällt man dabei selbst mit aus dem Ring. Dreht man den im Seil hängenden Gegner per L2, bieten sich wieder einige neue Möglichkeiten.

Gesamt: Fans von Wrestling-Simulationen kommen an diesem großartigen Game nicht vorbei. Trotz der wenigen Matcharten (One-on-One, Tag Team, Three Way, Four Way) und kleineren Unzulänglichkeiten bietet LoW unglaubliche Möglichkeiten und hält viele Überraschungen bereit. Für Langzeitmotivation sorgt auch der wirklich gut gemachte Karrieremode, der zwar keine Story, dafür aber einen ständig steigenden Schwierigkeitsgrad und einige Wrestler zum freispielen bereithält.
Extra Bonuspunkte gibt es auch für die gelungene PAL Umsetzung. Diese bietet nicht nur (als erstes Wrestling-Game überhaupt!) eine Umschaltmöglichkeit zwischen 50Hz (europäische Fernsehnorm) und 60Hz (US Norm, die - soweit vom Fernseher unterstützt - die Geschwindigkeit etwas beschleunigt), sondern ist auch als erstes Wrestling-Game seit Jahren unzensiert.


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